Update Arbeitsrecht: Urlaubsansprüche, Unterentlohnung, heimliche Aufnahmen von Gesprächen

Unsere Arbeitsrechtsexpert:innen informieren Sie regelmässig in EY Law Labor Updates über spannende Fälle der Rechtsprechung:

  • Urlaubsabsprüche / keine Verjährung
  • Unterentlohnung in Zusammenhang mit Sonderzahlungen / Kalenderjahr als maßgeblicher Lohnzahlungszeitraum
  • Entlassung / versuchte heimliche Aufnahme eines fremden Gesprächs

1. Urlaubsansprüche bei Kündigung / keine Verjährung

  • Der Dienstnehmer begehrte nach Beendigung des Dienstverhältnisses vom ehemaligen Dienstgeber Urlaubsersatzleistung für Resturlaubsansprüche, die länger als drei Jahre zurücklagen. Der Dienstgeber wendete unter Verweis auf § 4 Abs. 5 UrlG die Verjährung der Ansprüche ein, weshalb dem Dienstnehmer keine weitere Ersatzleistung zustehe.
  • Gemäß § 4 Abs. 5 UrlG verjährt der Urlaubsanspruch nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist.
  • Nach EuGH-Rechtsprechung kann Urlaub allerdings nicht verjähren, wenn Dienstgeber ihre Dienstnehmer zuvor nicht zum Verbrauch des Urlaubs aufgefordert und über die drohende Urlaubsverjährung informiert haben.
  • Der Anwendungsvorrang des Unionsrechtes führt dazu, dass die nationale Regelung des § 4 Abs. 5 UrlG im Rahmen des von der EU vorgegebenen Mindestjahresurlaubs von 4 Wochen unangewendet bleiben muss.
  • Ergebnis: Bei Verletzung der vom EuGH festgelegten Aufforderungs- und Hinweispflicht droht das Risiko, dass die Einrede der Verjährung trotz der nationalen Verjährungsbestimmung im UrlG wegen Unionsrechtswidrigkeit nicht greift und der Urlaubsanspruch weiterhin besteht.

(OGH 27.06.2023, 8 ObA 23/23z)

2. Unterentlohnung in Zusammenhang mit Sonderzahlungen / Kalenderjahr als maßgeblicher Lohnzahlungszeitraum

  • Über den Geschäftsführer einer GmbH wurde eine Verwaltungsstrafe wegen unterkollektivvertraglicher Entlohnung mehrerer Dienstnehmer bei den Sonderzahlungenverhängt.
  • Der Geschäftsführer legte dagegen Rechtsmittel ein.
  • Das LVwG bestätigte zunächst das Straferkenntnis, da eine Anrechnung der Überzahlung beim laufenden Entgelt auf die Unterentlohnung bei den Sonderzahlungen mangels Identität der Lohnzahlungszeiträume ausscheide.
  • Der VwGH hob die Entscheidung des LVwG auf. §7i Abs 5 AVRAG (aF) normiert für Unterentlohnung bei Sonderzahlungen eine Jahresbetrachtung. Der maßgebliche Lohnzahlungszeitraum für die Anrechnung von Überzahlungen beim laufenden Entgelt auf eine Unterentlohnung bei Sonderzahlungen sei daher das Kalenderjahr. Gegenständlich kompensieren die Überzahlungen beim laufenden Entgelt -auf das Kalenderjahr bezogen -die Unterentlohnung bei den Sonderzahlungen.
  • Ergebnis: Bei Sonderzahlungen gilt das Kalenderjahr als maßgeblicher Lohnzahlungszeitraum. Überzahlungen in einzelnen Monaten bei laufenden Bezügen können somit Unterzahlungen bei Sonderzahlungen kompensieren.

(VwGH 21.3.2023, Ro 2020/11/0022)

3. Versuchte, heimliche Aufnahme eines fremden Gesprächs mittels Handy / Entlassung

  • Die Dienstnehmerin versuchte heimlich ein fremdes Gespräch zwischen dem Vorstandsmitglied, in dessen Sekretariat sie tätig war, und ihrer Vorgesetzten, der Leiterin des Sekretariats, aufzuzeichnen.
  • Nach ständiger Rechtsprechung begründet die heimliche Aufnahme eines Gesprächs mit dem Dienstgeber durch einen in einer Vertrauensposition beschäftigten Dienstnehmer Vertrauensunwürdigkeit.
  • Die Beurteilung der Vorinstanzen, wonach der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit (§27 Z 1 letzter Fall AngG) verwirklicht worden sei, ist bereits deshalb nicht anzuzweifeln, weil das heimliche Aufzeichnen eines fremden Gesprächs im Unterschied zu einem solchen des eigenen Gesprächs sogar gerichtlich strafbar ist (§120 Abs 1 StGB).
  • Auch das heimliche Aufzeichnen eines fremden, zwischen Arbeitskollegen geführten Gesprächs ist als Entlassungsgrund zu werten.
  • Ergebnis: Auch das versuchte heimliche Aufzeichnen fremder Gespräche stellt einen Entlassungsgrund dar.

(OGH 21.04.2023, 8ObA 18/23i)

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Helen Pelzmann EY LAw Arbeitsrecht

Dr. Helen Pelzmann
Partnerin | Rechtsanwältin
helen.pelzmann@eylaw.at

Helen Pelzmann ist Partnerin bei EY Law. Sie leitet den Bereich Arbeitsrecht und Corporate Law und berät im Rahmen ihrer Tätigkeitsschwerpunkte nationale und internationale Unternehmen aus sämtlichen Branchen.

Arbeitsrecht Salzburg EY LAW Christina Schrott Juristin

Mag. Christina Schrott
Juristin bei EY Law Salzburg | Arbeitsrecht
christina.schrott@eylaw.at

Christina Schrott ist als Juristin bei EY Law in Salzburg tätig. Sie berät nationale und internationale Unternehmen im gesamten Spektrum des Arbeitsrechts.

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