CSDDD: Nachhaltigkeit als Pflicht

CSDDD Nachhaltigkeit als Pflicht EY Law

Wie die CSDDD Unternehmensverantwortung neu definiert

Mit 24.04.2024 wurde die nächste Hürde auf dem Weg zur „Europäischen Lieferkettenrichtlinie“ oder Corporate Sustainability Due Diligence Directive (kurz „CSDDD“) der EU genommen. Nachdem die Mitgliedstaaten der EU im März 2024 über den Inhalt der Richtlinie eine Einigung erzielen konnten, hat nun auch das Plenum des Europäischen Parlaments dem Entwurf der Richtlinie zugestimmt. Die CSDDD bringt einschneidende Veränderungen für „große“ Unternehmen mit sich: Diese müssen in Zukunft unter anderem — bei sonstiger Haftung — sicherstellen, dass ihre Aktivitätsketten klaren Nachhaltigkeitsstandards entsprechen.

Was ist das Ziel der CSDDD?

Ziel der CSDDD ist es, Umwelt und Menschenrechte in der EU, aber auch weltweit zu schützen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden betroffenen Unternehmen Sorgfaltspflichten hinsichtlich der tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf — unter anderem — Sklaverei, Kinderarbeit, Ausbeutung von Arbeitskräften, Artenschwund und Umweltverschmutzung auferlegt. Diese Sorgfaltspflichten erstrecken sich auf die gesamte Aktivitätskette eines solchen Unternehmens.

Welche Unternehmen sind von der CSDDD betroffen?

Die CSDDD richtet sich unmittelbar an EU-Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem weltweiten jährlichen Nettoumsatz von über 450 Mio. Euro.

Ebenfalls erfasst sind Unternehmen aus Drittstaaten, die die Umsatzschwelle in Höhe von 450 Mio. Euro in der EU erreichen.

Indirekt betrifft die CSDDD allerdings auch kleine und mittlere Unternehmen, wenn diese Teil der Lieferkette großer Unternehmen sind. Mit Inkrafttreten der CSDDD haben die Mitgliedstaaten der EU zwei Jahre Zeit, die Bestimmungen in nationales Recht umzusetzen, wobei die Einführung voraussichtlich ab 2027 stufenweise bzw. gestaffelt erfolgen wird (siehe dazu im Detail unten).

Aktivitätskette und Geschäftspartner im Sinne der CSDDD

Unter der „Aktivitätskette“ („chain of activities“) im Sinne der CSDDD versteht der europäische Gesetzgeber

  1. (i) alle Aktivitäten von vorgelagerten Geschäftspartnern eines Unternehmens im Zusammenhang mit der Produktion von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen (beispielsweise Lieferanten) sowie
  2. (ii) die Tätigkeiten der nachgelagerten Geschäftspartner eines Unternehmens im Zusammenhang mit dem Vertrieb, der Beförderung und der Lagerung eines Produkts dieses Unternehmens, sofern die Geschäftspartner diese Tätigkeiten für das Unternehmen oder im Namen des Unternehmens ausüben, wobei hier gewisse Ausnahmen — etwa für Entsorgungstätigkeiten — vorgesehen sind.

Geschäftspartner innerhalb der Aktivitätskette sind nicht nur jene Einrichtungen, mit denen ein betroffenes Unternehmen eine direkte Geschäftsbeziehung unterhält (direkte Geschäftspartner), sondern auch indirekte Geschäftspartner, wenn deren Tätigkeiten, Produkte oder Dienstleistungen in Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit des betroffenen Unternehmens ausgeübt werden.

Umsetzung der Sorgfaltspflichten im Sinne der CSDDD

Unternehmen müssen die sie gemäß der CSDDD treffenden Sorgfaltspflichten in ihre Unternehmenspolitik und Risikomanagementsysteme integrieren und über eine Strategie zur Erfüllung dieser Sorgfaltspflichten verfügen. Dies schließt die Erstellung eines verbindlichen Verhaltenskodex ein, der unter anderem darlegt, wie das Unternehmen sicherstellt, dass die geforderten Standards sowohl vom betroffenen Unternehmen selbst als auch von seinen Tochtergesellschaften und Geschäftspartnern (z. B. durch vertragliche Zusicherungen) eingehalten werden.

Handlungsempfehlungen bei negativen Auswirkungen in der Aktivitätskette

Weiters müssen tatsächlich und potenziell negative Auswirkungen in der Aktivitätskette — hinsichtlich der eigenen Geschäftstätigkeit, jener von Tochterunternehmen wie auch von Geschäftspartnern, sofern sie mit ihren Aktivitätsketten in Verbindung stehen — ermittelt und bewertet werden. Tatsächliche sowie potenziell negative Auswirkungen sind in der Folge durch geeignete Maßnahmen zu beheben.

Tatsächliche negative Auswirkungen können etwa durch Neutralisierung oder Minimierung der Auswirkungen abgestellt, potenziell negative Auswirkungen durch einen Präventionsaktionsplan verhindert oder gemindert werden. In beiden Fällen besteht auch die Möglichkeit der Einholung einer vertraglichen Zusicherung durch den jeweiligen betroffenen Geschäftspartner.

Können die negativen Auswirkungen nicht abgestellt oder minimiert werden, ist das Unternehmen verpflichtet, als letztes Mittel mit dem Geschäftspartner, von dem bzw. von dessen Aktivitätskette die tatsächlichen oder potenziellen negativen Auswirkungen ausgehen, keine neuen Beziehungen mehr einzugehen bzw. bestehende Beziehungen nicht mehr auszubauen oder diese sogar zu beenden.

Betroffene Unternehmen haben außerdem ein Beschwerdeverfahren für alle Personen, die durch eine Verletzung der Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Aktivitätskette betroffen sein könnten, einzurichten und sicherzustellen, dass hier eingebrachte Beschwerden auch behandelt werden (so ist etwa das Recht auf ein Treffen mit Unternehmensvertreter:innen zur Besprechung potenzieller oder tatsächlicher negativer Auswirkungen vorgesehen).

Schließlich wird betroffenen Unternehmen die Verpflichtung zur regelmäßigen Kontrolle der Wirksamkeit ihrer Maßnahmen und die Veröffentlichung eines jährlichen Berichts über deren Umsetzung auferlegt.

Darüber hinaus enthält die CSDDD auch Verpflichtungen zur Minderung der Folgen des Klimawandels gemäß dem Übereinkommen von Paris, auf die hier nicht näher eingegangen wird.

Sanktionen bei einem Verstoß

Der bisherige Entwurf der CSDDD sieht neben zivilrechtlichen Konsequenzen auch umsatzbezogene Strafen von bis zu 5 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes vor. Da konkrete Strafkataloge und Konsequenzen jedoch erst durch die Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssen, ist hier noch nicht abschließend bestimmbar, wie hoch die Strafsätze tatsächlich sein werden und unter welchen konkreten Voraussetzungen es zu einer Strafe kommen kann.

CSDDD: Zeitplan und Ausblick

Da es sich bei der CSDDD um eine Richtlinie der EU handelt, muss diese (anders als eine Verordnung) erst durch die Migliedstaaten in deren nationales Recht umgesetzt werden. Ab Inkrafttreten der CSDDD haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Bestimmungen umzusetzen. Danach werden die Vorschriften laut den in der Richtlinie vorgesehenen abgestuften Umsatz- und Mitarbeiterschwellen gemäß folgendem Zeitplan wirksam:

  • Für EU-Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettojahresumsatz von mehr als 1,5 Mrd. Euro sind die Bestimmungen drei Jahre nach Inkrafttreten der CSDDD wirksam.
  • Ein Jahr später erweitert sich der Anwendungsbereich auf Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettojahresumsatz von mehr als 900 Mio. Euro.
  • Fünf Jahre nach Inkrafttreten der CSDDD erstreckt sich deren Anwendungsbereich schließlich auf alle EU-Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettojahresumsatz von mehr als 450 Mio. Euro.
  • Für Unternehmen aus Drittstaaten sind die genannten Schwellenwerte jeweils lediglich in Hinblick auf den in der EU erwirtschafteten Nettoumsatz relevant.

Vorbereitung und Futureproofing

Fällt ein Unternehmen in den Anwendungsbereich der CSDDD, zieht dies weitreichende Verpflichtungen nach sich, deren Umsetzung mit einem zeitintensiven Prozess verbunden sein wird. Auch wenn die Bestimmungen der CSDDD — umgesetzt in nationales Recht — Unternehmen in deren Anwendungsbereich voraussichtlich erst Mitte 2029 treffen werden, empfiehlt es sich für betroffene Unternehmen, die eigenen Aktivitätsketten bzw. jene der direkten und gegebenenfalls indirekten Geschäftspartner samt den dazugehörigen Abnehmerverträgen und AGB einer Prüfung auf ihre Compliance mit der CSDDD zu unterziehen.

Künftig sollten Systeme implementiert werden, die eine Risikoabwägung vorbereiten und so etwaige Haftungsrisiken minimieren können, z. B. durch die Einführung spezieller Onboarding-Prozesse für Lieferanten bzw. Abnehmer und/ oder Anpassung der AGB und Vertriebsverträge.

Insgesamt verlangt die CSDDD von betroffenen Unternehmen ein hohes Maß an Koordination, Verantwortung und Transparenz, um den neuen europaweiten Standards gerecht zu werden. Eine effiziente und weitsichtige Vorbereitung wird aus heutiger Sicht nicht nur dazu beitragen, die regulatorischen Verpflichtungen im Sinne der CSDDD zeitgerecht zu erfüllen, sondern auch das eigene Geschäftsmodell in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte zu stärken.

EY TAX & LAW Magazine 2024 - CSDDD Wohn- Baupaket - EY Law

Dieser Artikel zur CSDDD von Rechtsanwältin Teresa Bell, EY Law Salzburg, ist im aktuellen EY Tax & Law Magazine 2/2024 erschienen. In der neuen Ausgabe finden Sie außerdem Artikel zu folgenden Themen:

  • Umsetzung des Wohn- und Baupakets in Österreich
  • Neue EU-Richtlinien gegen Greenwashing
  • EU Deforestation Regulation
  • Verrechnungspreise: Pillar One / CbC-Reporting

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Bell Teresa EY Law Salzburg

Mag. Teresa Bell

Rechtsanwältin EY Law Salzburg
Verbraucher- und Vertriebsrecht | M&A

teresa.bell@eylaw.at

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